Die Regelung der finanziellen Aspekte beim Wechselmodell.
"Die besten Dinge im Leben sind nicht die, die man für Geld bekommt." (Albert Einstein)
Ach das liebe Geld! Man hat ja gut reden, wenn das kein Diskussionsthema ist und jeder genug davon hat – ich weiß, ich weiß! Und gottseidank ist das tatsächlich noch eins der einfachsten Themen bei uns. Unsere Ausgangssituation hat das Wechselmodell von Anfang an begünstigt, denn jeder von uns verdiente so ziemlich gleich viel. Keiner war damit auf den anderen finanziell angewiesen. So konnte man sich voll und ganz auf das emotionale Entwirren von unserem gemeinsamen Leben konzentrieren, ohne die Befürchtung, dass die finanziellen Aspekte uns das Genick brechen würden. Das ist sehr viel wert, das weiß ich. Und leider werden viele Frauen sich nicht in der gleichen glücklichen Situation befinden, das ist mir leider aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis allzu vertraut.
Aber es gibt zunehmend ein Umdenken in der Gesellschaft, was ich täglich auch auf meiner Arbeit beobachte. Immer mehr Männer nehmen sich die Auszeit für die Kinder, beantragen Elternzeit und sind bereit, auf der Arbeit kürzer zu treten, um mehr Zeit für die Familie zu haben. Und immer mehr Frauen sind willens und bereit, früher in den Beruf zurückzukehren und mehr Aufgaben mit ihren Männern zu teilen. Väter, die erst gegen neun Uhr auf der Arbeit erscheinen, weil sie die Kinder in den Kindergarten bringen, werden immer häufiger. Und diese Väter gehen abends auch spätestens um sechs Uhr nach Hause, damit sie die Kinder noch vor dem Schlafen sehen können. Es ist nicht die Mehrzahl, das ist mir schon klar. Aber die Anzahl dieser Väter in der Gesellschaft wird steigen. Und das wird Zeichen setzen und den Weg ebnen, für mehr Männer, die sich auf solche Regelungen einlassen können, ohne auf Widerstand auf der Arbeit und Unverständnis in ihrem Umfeld zu stoßen. Und wenn die Beziehung zu der Kindesmutter doch mal scheitern sollte, werden sich diese „neuen“ Väter nicht mehr damit begnügen, die Rolle des Freizeitpapas jedes zweite Wochenende zu übernehmen. Sie werden mehr fordern, nämlich ihren gerechten Anteil am Leben ihrer Kinder. Und ich bin mir sicher, dass auch die deutsche Rechtsprechung irgendwann mal zu der Erkenntnis kommen wird, dass diese Forderung auch berechtigt ist und den Vätern endlich mehr zutraut als das heutzutage der Fall ist.
Unterhalt
Lange Rede, kurzer Sinn – wir standen und stehen finanziell gleich da. Von Anfang an stand also das Thema Unterhalt nie zur Diskussion. Warum auch, da wir auch von Anfang an geplant haben, die Kinder paritätisch zu betreuen. Die Tatsache, dass ich dann auf 100% Arbeitszeit hochgegangen bin und er bei 90% geblieben ist hat daran natürlich auch nichts geändert. Ich glaube, eine Zeit lang, bevor sich das Modell bei uns so gut eingespielt hat, hatte mein Exmann das Thema Kinderaufenthalt schon sehr genau beobachtet, was ich erst später verstanden habe. Denn wenn ich rechtlich richtig informiert bin, dann würde es ausreichen, wenn die Kinder nachweislich nur einen Tag länger bei mir als bei ihm wären, um vom ihn Kindesunterhalt zu verlangen. Was für ein rechtlicher Schwachsinn und eine absurde Vorstellung, dass es tatsächlich Menschen gibt, die einen Gewinn daraus ziehen würden. Das wäre natürlich die allerschlechteste Basis für ein Wechselmodell was auf sehr viel Vertrauen zwischen den Eltern basiert. Aber wie gesagt, auch bei uns hat das gedauert, ein vertrauensvolles Miteinander zu entwickeln.
"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“ (Mahatma Gandhi)
Bis es soweit ist, werden wohl mein Exmann und ich eher die Exoten mit unserem paritätischen Wechselmodell sein. Und es war auch sicherlich für uns nicht einfach, finanziell die Grundsteine dafür zu legen. Vor der Trennung haben ich 80% gearbeitet und er 100%. Nach der Trennung sind wir beide auf 90% gegangen. Für mich erst mal kein Problem. Nur ist ehrlicherweise die Reduktion der Arbeitszeit um gerade mal 10% nur auf dem Papier existent und nicht in der Realität umzusetzen, zumindest nicht in einer Managerposition mit Personalverantwortung. Ich habe das fast ein Jahr lang ausprobiert und bin dann komplett auf 100% gegangen, was von allen Seiten unterstützt wurde. Ich bin mit meiner Arbeitszeiteinteilung sehr flexibel, so dass die tagsüber fehlenden Stunden ich teilweise abends nacharbeiten kann. Oder ich bin schlichtweg effizienter als manch ein Kollege, der mehrere Kaffeepäuschen macht.
Bei meinem Exmann war es da schon schwieriger. Kein ihm bekannter Mann hat in seiner doch sehr großen Firma in Teilzeit gearbeitet. Er war der erste, der das für sich eingefordert hat mit sehr guten Gründen. Da er leider für die Zeiterfassung stempeln muss, ist er mit seinen Arbeitszeiten nicht so flexibel und hat auch Anwesenheitspflicht im Büro und kein Home Office. In der heutigen Zeit ist dieses Arbeitszeitmodell mehr als rückschrittlich. Interessanterweise haben mehrere seiner Kolleginnen in Teilzeit eine Regelung, dass sie auch von zuhause arbeiten dürfen und dafür einen Laptop haben. So viel übrigens zur Gleichberechtigung an dieser Stelle bzw. Diskriminierung! Ich versuche ihn regelmäßig dazu zu bringen, sich hier aufzulehnen und dieses Privileg mit den gleichen Argumenten für sich zu beanspruchen. Aber wie schon gesagt, es ist leider sehr schwer, der Erste bei solchen Prozessen zu sein. Man bereitet den Weg vor für andere, muss aber selbst die größten Steine aus dem Weg räumen.
"Die Kunst, Steuern einzunehmen, besteht darin, die Gans zu rupfen, ohne dass sie schreit.“ (M. de Béthune, Herzog von Sully)
Steuerklasse
Weitere rechtliche Aspekte entdecken wir gerade selbst noch neu. Zum Beispiel das Thema Steuerklasse. Die Steuerklasse 2 ist für Alleinerziehende – so weit so gut. Per Definition muss folgendes erfüllt sein: „Voraussetzung ist, dass der alleinerziehende Arbeitnehmer berechtigt ist, ein Entlastungsbetrag zu beantragen. Dafür muss dem Alleinerziehenden Kindergeld und ein Freibetrag für Kinder für das in seinem Haushalt lebende und dort bei ihm mit Haupt- oder Nebenwohnung gemeldete Kind zusteht. Ist das Kind bei mehreren Personen gemeldet, steht der Entlastungsbetrag demjenigen Alleinerziehenden zu, der das Kindergeld erhält.“ (https://www.steuerklassen.net/steuerklasse-2.html). Ich habe mir die Finger wund-gegoogelt, um zu verstehen, ob wir nun beide oder nur einer von uns diese Steuerklasse beantragen kann. Sogar unser Scheidungsanwalt sagte, dass wir uns entscheiden müssen. Aber per Definition hatten wir eigentlich beide den Anspruch auf diese Steuerklasse und damit eine gewisse Steuerersparnis pro Monat durch den etwas höheren Freibetrag als bei Steuerklasse 1. Interessanterweise habe ich das verstanden, was der Trick an der Sache war. Bei der Definition oben geht es um EIN UND DAS GLEICHE KIND – ein Kind kann nämlich nur einen Hauptwohnsitz haben und dorthin muss auch das Kindergeld fließen, was auch nicht geteilt werden kann. Aber was ist nun wenn man zwei Kinder hat? Davon habe ich wirklich nichts im Internet gefunden!
Als ich ausgezogen bin, sind die Kinder erstmal beim Vater gemeldet geblieben mit ihrem Hauptwohnsitz, denn zwei Wohnsitze kann man ja nicht anmelden. Das Kindergeld hat er schon immer bezogen und so hat er mir erstmal die Hälfte monatlich überwiesen. Im Laufe der Zeit habe ich aber aus emotionalen und schließlich aus praktischen Aspekten überlegt dass ich gerne ein Kind bei mir gemeldet hätte. Denn das ist auch die Voraussetzung für das Anmelden der Steuerklasse 2, denn nur mit einem offiziell gemeldeten Kind bin ich Alleinerziehend. Und nur so kann ich das Kindergeld direkt von der Familienkasse beziehen. Gesagt – getan – seit einigen Monaten ist nun meine Tochter offiziell bei mir gemeldet. Warum die Tochter? Nun eigentlich ist es ein rein praktischer Aspekt gewesen. Da mein Sohn in die Schule gekommen ist und dort mit der Adresse des Vater gemeldet ist, dachte ich, die Ummeldung meiner Tochter ist eine Spur einfacher. Die Kinder sehen eh nichts davon. Und wir als Eltern teilen eh alles was die Kinderpost angeht. Und rein formal sind nun bei uns beiden jeweils Kinder gemeldet, für die wir Kindergeld beziehen und für die wir für das Finanzamt offiziell als Alleinerziehend gelten und so Anspruch auf die Steuerklasse 2 haben. Soweit zu meiner Logik. Ich werde wohl die nächsten Monate erfahren, ob das so aufgeht:-)
"Das Glück wohnt nicht im Besitze und nicht im Golde, das Glücksgefühl ist in der Seele zu Hause." (Demokrit)
Gemeinsames Eigentum
Was andere materielle Startvoraussetzungen des Wechselmodells angeht, so wäre da als wichtigstes das Wohneigentum zu nennen. Naja jetzt heisst es Wohneigentum, früher war der Begriff eher gemeinsames Zuhause. Wir hatten das Haus kurz nach der Geburt unseres Sohnes gekauft, inzwischen vor fast 7 Jahren. Damals waren die Preise schon jenseits von gut und böse, aber vergleichen mit den heutigen Preisen war das ein Schnäppchen. In dieses Schnäppchen musste wir auch einiges an Geld investieren und ganz viel Mühe und Schweiß und natürlich auch Liebe, damit es zu einem Zuhause wurde. Ich weiß im Nachhinein selbst gar nicht, wie wir das beide in nur vier Monaten mit einem 5 Monate alten Baby geschafft haben, und das obwohl das Haus kernsaniert werden musste. Aber in Extremsituation sind wir immer ein perfektes Team gewesen! Nur am Abwasch und an der Mülltrennung sind wir gescheitert – traurig aber wahr!
Jedenfalls war es damals eine tolle Basis für die neue Familie. Einen großen Teil davon hatte mein Exmann aus Ersparnissen finanziert und einen Restbetrag haben wir dann gemeinsam als Kredit aufgenommen. So weit so gut, wahrscheinlich das übliche Vorgehen unter Paaren. Damit war ich auch nur zu einem Bruchteil als Eigentümer im Grundbuch eingetragen, was ich auch fair fand, da ich nun mal weniger investieren konnte. Als dann nach Jahren meine Gedanken um Trennung kreisten, war mir damit auch klar, dass ich ausziehen müsste, da es nun mal überwiegend sein Haus war. Der Fairness-Gedanke war bei mir schon immer stark ausgeprägt. Mit welcher Logik hätte ich von ihm verlangen sollen, dass er auszieht? Dazu kam natürlich auch die Tatsache, dass dieses Haus nicht mein Traumhaus war, leider schon recht früh nicht mehr. Ich weiß nicht, ob man es mit viel guten Willen schaffen würde, auf eine vernünftige Temperatur hoch zuheizen. Allerdings war dieser Wille eh nie vorhanden und irgendwann mal habe ich aufgehört, mich das zu fragen. Man kann innerlich auch ein „Zuhause“ kündigen, genau wie einen Job. Und wenn die innere Kündigung schon mal da ist, dann gibt es langfristig keine Rettung mehr. Mit der Ankündigung meines Trennungswunsches ging damit auch die Ankündigung meines Auszugs einher.
"Das Leben der Eltern ist das Buch, in dem die Kinder lesen.“ (Augustinus Aurelius)
Und dann – nun dann ging kein schmutziger Streit los um das Eigentum. Ich vermute, dass mein Exmann das sehr stark befürchtet hat und auf alles gefasst war. Aber von mir kam nichts. Ich wusste, dass das Haus erstens rechtlich mehr seins als meins ist und zweitens, dass es ihm was bedeutete und mir nun mal viel weniger. Ich hatte also keinen Grund, dieses Haus für mich zu verlangen. Ich weiß, dass das auch eine naive Denke ist. Schließlich stehe ich nun da ohne Eigentum in einer Zeit der horrendesten Immobilienpreise in der Geschichte. Aber damals war es mir egal. Ich wollte nur unbeschadet aus der Sache rauskommen und mir was die Lösung emotionaler Probleme einfach wichtiger. Wiederum muss ich an dieser Stelle gestehen, dass diese Denke man sich auch finanziell leisten muss und das kann sicher nicht jede Frau in dieser Situation. Ich konnte mir dieses großzügige Denken leisten ohne in den finanziellen Ruin zu geraten. Auch wenn nun meine materielle Situation gewiss unsicherer ist als seine. Aber letztendlich ist das Haus das Erbe unserer Kinder und ganz langfristig gesehen ist das doch das wichtigste. Sie haben nun ein schönes eingerichtetes Zuhause mit Garten bei Papa. Und sie haben eine schöne gemütliche warme Wohnung bei Mama, wenn auch diese kleiner ist und nicht mir als Eigentum gehört.
Im Moment sind wir also bei der Wohnsituation finanziell gleichgestellt, da er Kredit und ich Miete monatlich zahlen. Aber in vielen Jahren, wenn das Haus abbezahlt ist, ist mein Exmann sicher finanziell besser gestellt als ich. Aber wer weiß, was das Leben bis dahin bringt. Diese Situation ist mir immer noch 1000mal lieber, als in einem gemeinsamen Eigentum sich das Leben gegenseitig zur Hölle zu machen und dabei viel Geld zu sparen. Zu warten, bis die Kinder endlich ausziehen, und sich dann erst zu trennen – nachdem man sich das Leben und den Kindern die Kindheit versaut hat. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Kinder einem dafür im Leben nicht danken werden. Ja, es ist für sie am Anfang eine Zumutung, zwischen den verschiedenen Haushalten zu wechseln und manchmal erstmal nicht zu wissen, wo man morgens aufwacht. Aber zwei liebevolle Zuhause sind immer noch besser als ein gemeinsames mit unglücklichen gestressten Eltern. Auch wenn diese Zuhause kleiner sind als das ursprüngliche und das ganze Leben für alle Beteiligten teurer wird – es lohnt sich langfristig für das Wohl aller Beteiligter.
Kinderausgaben
So weit so gut waren nun die großen wichtigen Meilensteine geklärt und gesetzt. Nur wie ging der normale Alltag weiter? Wir hatten ja laufend Ausgaben für die Kinder, die alle recht unterschiedlicher Natur waren. Die normalen Ausgaben für Ernährung waren natürlich jedermanns eigene Verantwortung. Und da die Kinder gleichermaßen in beiden Haushalten leben, gleicht sich das in Summe aus. Ausgaben für Unternehmungen am Wochenende, ob Kletterpark oder Kino, liegen natürlich auch in den einzelnen Budgets der Eltern. Diese Ausgaben kann man ja selbst beeinflussen und jeder hat ein „eigenes“ Wochenende. Interessanter wird es da schon mit dem Thema Kleidung. Das Konstrukt habe ich ausführlich in dem Lebensbereich „Kleidung“ beschrieben. Kurzum, wir zahlen die Kleidung gemeinsam, wobei ich diese überwiegend allein einkaufe. Was heißt nun aber gemeinsam zahlen? Ein gemeinsames Konto für Kinderausgaben haben wir leider nicht, das war meine ursprüngliche Anregung. Aber soweit ging die Liebe bzw. das Vertrauen dann doch nicht, was aber langfristig mein Ziel bleibt. So hat jeder von uns seine Ausgaben, die er mehr oder weniger formal erfasst. Meine kinderbezogenen notwendigen Ausgaben trage ich alle in ein Haushaltsausgaben-Buch ein. Der Kindesvater schreibt es auf einen kleinen weißen Zettel:-) Alle zwei Monate legen wir die Ausgaben übereinander und verrechnen den Betrag. Derjenige, der mehr ausgegeben hat, bekommt von dem anderen die Hälfte überwiesen. Und wieder sieht man daran, dass dieses Konstrukt nur mit einer großen Portion Vertrauen funktioniert. Natürlich haben wir mal hier mal da die Diskussion, ob die Ausgabe wirklich notwendig war. Ich kaufe auch keine teuren Sachen ohne explizite vorherige Absprache, so dass die Abrechnung keine Überraschungen beinhaltet.
Nebenbei hat diese Bilanz auch positive Einkünfte. Die zu klein gewordene Kinderkleidung oder ungeliebtes Kinderspielzeug verkaufe ich nämlich in eBay. Die Einnahmen daraus verrechne ich wiederum mit den Ausgaben so dass die Bilanz auch Null sein kann. Neben Kleidung teilen wir diverse andere Ausgaben, die als notwendig zählen. Darunter fallen Essensgelder in der Schule und Kita, Frisörbesuche, Schulunterlagen, Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke aber auch die Mitbring-Geschenke für Kindergeburtstage usw., die Liste wird sicherlich in den nächsten Jahren noch wachsen. Im Moment funktioniert das super, so als hätten wir einen gemeinsamen Haushalt. Aber diese gemeinsame „Komponente“ sind die Kinder! Sie merken von all diesen Verrechnungen nichts, wie „normale“ Kinder, die mit beiden Elternteilen zusammenleben. Und so muss das auch sein, damit das Konstrukt Wechselmodell erfolgreich ist.
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