Verantwortlichkeiten

Verantwortlichkeiten ausgestalten im Wechselmodell

 

"Du bist zeitlebes für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast." (Antoine de Saint-Exupery)   


…. und das hört auch nicht auf, wenn man auszieht und die Kinder einige Tage nicht sieht! Das hört nie auf! Die Verantwortung der Eltern für die Kinder bleibt - zumindest im weiteren Sinne - unser ganzes Leben lang bestehen. Eine große Seite der Verantwortung ist nämlich aus meiner Sicht die Sorge um die geliebten Wesen und die damit verbundene Überlegung, ob man Ihnen gerade irgendwie helfen kann. Wo sind sie? Geht es denen gut? Kommen sie gerade alleine klar? Das „alleine“ beinhaltet dabei sowohl das Kind, was wirklich „alleine“ von der Schule läuft, aber auch die Situation „ohne mich“ – aber mit dem eigenen Vater.

Und diese Verantwortung abzugeben, zumindest gelegentlich, ist extrem schwer, für beide Elternteile, aber vor allem für die Mütter. Warum das? Liebe Väter, ich finde euch ganz wichtig im Leben der Kinder, aber bei einige Aspekten sehe ich doch die Mütter in einer speziellen Rolle oder sagen wir mal mit einer speziellen „Vorbelastung“. Nun kommt das Klischee-Argument schlechthin: immerhin waren wir Mütter ganze 9 Monate ganz allein verantwortlich für die Babies in unserem Bauch! Wir kannten jeden Schluckauf und jede Bewegung unserer Kleinen. Und als diese dann auf der Welt waren, waren wir jeden Tag dabei, eigentlich sogar jede Stunde – wenn auch hoffentlich nicht nachts. Wir wussten über jedes Aua Bescheid und kannten jeden noch so kleinen blauen Fleck auf deren Körpern. Und ja, in der Regel waren das nun mal wir Mütter, auch wenn die gesellschaftlichen Entwicklungen dahin führen, dass auch immer mehr Väter von Anfang an diese Verantwortung übernehmen.

Und wie grausam fühlte es sich an, einige wenige Tage von den Kleinen getrennt zu sein? Ja klar, das war auch eine herrliche Entspannung und Auszeit, aber gleichzeitig doch voller Sorge, dass alles gut geht ohne uns Mütter. Wenn man die Unterhaltung damals zwischen mir und meinem Exmann in Whats App nachliest, kann man sich abwechselnd die Haare raufen und kaputt lachen!

Ein kleines Beispiel:
Vater (16:15): „Die Kleine hat in der Kita schon wieder kein Kaka gemacht.“
Mutter (16:17): „Oh nein – sie wird sicher Bauchweh haben! Hat zu wenig getrunken.“
Vater (17:00): „Ja, jetzt ist die Stimmung im Keller. Wo sind die Abführ-Zäpfchen?“
Mutter (17:02): „Oben im Badschrank, ganz hinten rechts. So schlimm? Soll ich früher zurückkommen?“
Vater (18:20): „Was soll das bringen? Ich kann das Zäpfchen schon allein reinschieben. Alles gut.“
Vater (18:30): „Das blöde Zäpfchen war fast geschmolzen bei den Temperaturen! Wie soll man das so reinbekommen.“


Mutter (18:31): „Ist es nun drin oder nicht?“
Vater (21:00): „Was ist drin?“
Mutter (21:02): „Das Zäpfchen – Mann!“
Vater (21:30): „Ja, alles gut, sie hat das gleich rausgekakelt“ – Anhang mit Foto

„Die größte Ehre, die man einem Menschen antun kann, ist die, dass man zu ihm Vertrauen hat.“ (Matthias Claudius)


Nein, wir Frauen haben durchaus Vertrauen in euch Männer. Wir wollen nur von Zeit zur Zeit sicher gehen, dass auch wirklich alles in Ordnung ist. Denn bekanntlich fragen ja Männer nicht nach dem Weg – also auch nicht um Hilfe. Um Frauen fühlen sich nun mal für alles und jeden verantwortlich. Deswegen lieben Männer – bitte um euer Verständnis, wenn wir hier und da mal eingreifen und zumindest unsere Meinung zu dies und das äußern.

Soviel also zu der Illusion, die Verantwortung würde verschwinden, auch wenn man die Kinder getrennt erzieht und dann einige Tage mal nicht sieht. Mit den Gedanken an die Kinder, gehe ich auch dann abends ins Bett, wenn sie nicht bei mir sind, und hoffe, dass sie einen schönen Tag hatten und es ihnen gut geht. Aber gut, sagen wir mal differenziert, es ist das Verantwortungsgefühl im weiteren Sinne, was einem als Elternteil nie abgeht, egal bei wem die Kinder sind. Tatsächlich ändert sich die konkrete Verantwortlichkeit für die Kinder durchaus, wenn es um die Betreuung im engeren Sinne geht. Wenn die Kinder nun mal beim Vater sind, dann ist auch er dafür verantwortlich, dass sie was zu essen bekommen und ihre Hausaufgaben machen, aber auch dafür, dass sie einen glücklichen Tag verbringen – das alles ist konkret in den Händen des jeweils anderen, bei dem die Kinder sich nun mal physisch aufhalten. Und ja, das war am Anfang extrem schwer, diese Verantwortung an den Vater zu übergeben. Ich bin auch durchaus ein größerer Kontrollfreak als die Durchschnittsmutter – ich gestehe! Am Anfang konnte ich mir nicht mal vorstellen, wie er den Kindern die richtige Kleidung rauslegen würde am Morgen. Ich weiß, grob gesehen, kann (M)man da nichts falsch machen – aber im engeren Sinn, doch!! Und was ist, wenn er die Sonnenmützen vergisst? Und das warme Jäckchen am morgen? Gottseidank aber entwickelte sich mein Exmann nach der Verantwortungsübernahme dorthin, wo ich schon war – zum „Kontrollfreak“, einer Glucke – einer.... quasi „Mutter“! Wenn die eigentlich Mutter nicht da ist, dann denkt hier halt keiner mit – außer ihm selbst.

Das war vielleicht ein „Wachstum“ in seine Rolle – Respekt! Heutzutage stimmen wir übers Handy jeden Fleck auf dem Rücken unserer Tochter ab, der mit der Cortisonsalbe eingerieben werden muss, wenn die Haut zu rau wird - inklusive einer ausführlichen Untermalung mit Bildern. Und unserem Sohn trichtet er ein, dass dieser sich selbst in der Schule mit Sonnencreme eincremen soll, die als Minitube in seinem Ranzen mitgeführt wird – schräg!! Auf diese Idee wäre ich nicht mal gekommen. Über die Frisur der Kinder wird sofort gemeckert, wenn die Haare minimal zu lang sein sollen. Dann wird in dramatischer Eile selbständig ein Termin ausgemacht. Und auch die schulische Entwicklung wird mit Argusaugen überwacht und mit bekannten Müttern tauscht er sich über die Bücher aus, die man zum Rechentraining in der 1.Klasse am besten verwenden soll – aber Hallo! Wer hätte mit dieser Entwicklung gerechnet vor Jahren, als ich mühsam darum gebeten habe?

"Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: durch Nachdenken ist der edelste, durch Nachahmen der einfachste, durch Erfahrung der bitterste." (Konfuzius)


Aber es ist nun mal ein Unterschied, ob es darauf ankommt oder nicht. Wenn früher die Mama für alles verantwortlich war und alles im Griff hatte und auch noch alles „vereinnahmt“ hat und den armen Vater gar nicht in die „Kontrollzentrale“ gelassen hat – ja was soll man da machen? Ich weiß im Nachhinein, dass ich damals übertrieben habe. Ich wollte zwar Hilfe und habe diese auch als selbstverständlich erwartet. Aber irgendwie war es auch schwer, diese Hilfe anzunehmen. Jeder Mensch tut Dinge auf seine Art und Weise. Und ja, ein kluger Mensch gibt eigentlich das Ziel vor und lässt den Weg offen, denn sonst könnte man ja wirklich alles alleine machen. Aber das ist halt die Theorie. Die Praxis sieht leider anders aus, das würden Tausende von Paaren bestätigen, leidvoll bestätigen. Die Arbeitsteilung und die Teilung der Verantwortung hat bei uns als Ehepaar in einem Haushalt leider überhaupt nicht geklappt. Ich war chronisch überfordert mit meinem Alltag - mit einem 80%-Job, den Kindern und dem Haus. Ich habe Hilfe gebraucht, aber ich wollte diese auf meine Weise bekommen, und das ging leider schief. Die misslungene Teilung dieser Verantwortung hat maßgeblich zu dem Ende unserer Ehe beigetragen. Doch umso mehr funktioniert diese Teilung heutzutage – mit zwei Haushalten und doch einer gemeinsamen Verantwortung für die Kinder. Und wie es im Einzelnen bei uns aussieht, stelle ich nun in den folgenden Kapiteln dar.